1. Chott El Jerid — Der Spiegelsee, der täuscht

Eine Salzpfanne so weit, dass die Augen schwören, es sei Wasser, und dich dann mit hitzeflimmernden Gespenstern verraten. Im Winter errötet sie rosa und wirft Salzinseln hoch wie gefrostete Korallen. Fahrer zielen auf den Horizont und jagen am Ende Fata Morganas hinterher. Der Volksglaube sagt, Karawanen seien hier nicht vom Durst verschwunden, sondern weil sie überzeugt waren, auf Reflexionen laufen zu können.
2. Bulla Regia — Die römischen Villen, die unter die Erde zogen

Als die Sonne grausam wurde, bauten die Römer ihre Traumhäuser unter der Erde. Man steigt Treppen hinab und findet Mosaik‑Speisezimmer, kühl wie ein Flüstern. Es fühlt sich an, als bräche man in eine Privatfeier ein, die seit zwei Jahrtausenden pausiert. Die Räume sind wunderschön, doch die Stille ist so dicht, dass man sie schmecken könnte.
3. Korbus & Ain Atrous — Heiße Quellen, die ins Meer fließen

Dampf seufzt aus Klippenrissen und gleitet direkt ins Mittelmeer. Einheimische baden dort, wo Wellen und mineralische Wärme über deine Haut streiten. Die Römer machten es zuerst, Instagram dann. An windigen Tagen riecht die ganze Bucht wie ein Küstentrank.
4. Ksar Ouled Soltane — Die Getreidefestung, die zur Science‑Fiction wurde

Ein Ameisenhaufen aus gewölbten Kornspeicherzellen türmt sich wie ein von einem Architekten geträumter Bienenstock. Sonnenlicht verwandelt Lehmziegel in Gold und die Türen leuchten wie Münzen. Einst bewachte sie Getreide; jetzt hortet sie Schatten, Geschichten und filmbegeisterte Pilger. Man kann fast das Feilschen der Jahrhunderte im Innenhof widerhallen hören.
5. Matmata — Das Dorf, das in der Erde lebt

Die Menschen meißelten Höfe in weichen Fels und machten den Himmel zu ihrer Decke. Häuser verstecken sich in der Felswand, kühl wie eine Erinnerung selbst am Mittag. Stürme verändern die Ränder, und Familien flicken die Erde wie Stoff. Es ist teils Museum, teils lebendes Geheimnis — Sci‑Fi‑Kulisse, echte Adresse.
6. Ghar El Melh — Der Hafen, den der Sand einfing

Osmanische Forts blicken über eine Lagune, die langsam ihren eigenen Ausweg versiegelte. Fischer gleiten über Wasser, glatt wie eine Glasscheibe, während Vögel darüber ihre Zugrouten proben. Der Ort wirkt angehalten, als hätte das Meer vergessen, auf ‚Play‘ zu drücken. In der Dämmerung färben sich die Fortmauern rosa — und ebenso die Gerüchte.
7. Ichkeul — Der See, der zwischen Süß und Salz atmet

Jedes Jahr wechselt der See seine Persönlichkeit — im Winter süß, im Sommer salziger. Zehntausende Vögel behandeln ihn wie einen All‑Inclusive‑Zwischenstopp. Wasserbüffel mähen das Moor wie langsame, lebende Rasenmäher. Es ist ein Park, der dadurch überlebt, dass er seine Meinung mit den Jahreszeiten ändert.
8. El Djem — Das Kolosseum, das niemand erwartet

Eine römische Arena ragt aus einer bescheidenen Stadt wie eine Erinnerung mit perfekter Haltung. Sie ist groß genug, um dir den Atem zu rauben, leer genug, um ihn zu behalten. Der Stein scheint beim Sonnenuntergang Honig zu bluten und verschluckt Schritte ganz. Einheimische erzählen von Rebellen, die sie als Festung nutzten, und die Bögen sehen immer noch nach einer letzten Stellung aus.
9. Kerkennah — Das Archipel, das von Geduld lebt

Hier ist das Meer flach, die Gezeiten scheu, und die Zeit scheint ein Nickerchen zu machen. Fischer flechten charfiya‑Fallen in geometrischer Geduld, die nur der Ozean lesen kann. Palmen neigen sich, als würden sie über Tintenfischgläser und stille Absprachen flüstern. Besucher schwören, die Inseln verlangsamten den Herzschlag auf Inseltempo.
10. Mahdias versunkene Säulen — Die Stadt, die sich immer wieder verliert und wiederfindet

Stürme heben den Deckel des Meeresbodens an und offenbaren gemeißelte Steine wie Zähne in einem Grinsen. Taucher verfolgen Straßen, die über Jahrhunderte von Belagerungen und Schiffswracks unter die Wellen gerutscht sind. Fischer tauschen Gerüchte über Anker, die sich in der Geschichte verheddert haben. An klaren Tagen kannst du auf der Landzunge stehen und die Vergangenheit spüren, die dir zuzwinkert.